Transport- und Kostenoptimierung - Fokus Inboundlogistik
02.04.2024 | Von Andreas Hartwig, Miebach
Fokus Inboundlogistik
Die Optimierung der Outboundlogistik, startend bei den eigenen Logistikstrukturen (Lager & Cross-Docking) hin zu Filialen und Kunden, steht traditionell im Fokus der Verbesserungsbestrebungen. 100% der Kosten und Leistungen sind direkt beeinflussbar und können zeitnah verändert werden.
Weniger Beachtung findet meistens die Inbound-Seite, von den Lieferquellen bis hinein ins eigene Unternehmen. Die Transport- und sonstigen Kosten sind weniger transparent und erscheinen weniger beeinflussbar, die Entscheidungen werden mitunter geringer reflektiert im Rahmen der Einkaufsverhandlungen getroffen. Zwar ändert sich das mit dem Trend zur Beschaffungslogistik, abermeist geht es dabei nur um die Position bei Preisverhandlungen mit den Speditionen, um zu den eigenen Prozessen passende Anlieferungstermine an der Rampe des Verteilzentrums und einebessere Auslastung der Lkw im Interesse von CO2- und Kosten-Reduzierung.
Doch eine End2-End-Optimierung kann viel mehr. Das Optimum aus Kosten- und Filial- sowie Kundenservice wird erst bei durchgängiger, simultaner Betrachtung sowohl der Inbound- als auch der Outboundlogistik erreicht Bekannt ist das schon länger, nur die Umsetzung ist nicht trivial. Aber gerade in diesem Bereich ist verstärkte Aktivität in vielen Handelsunternehmen zu erkennen, da die Kostenentwicklung sowie hohe Kundenerwartungen „Optimierungsdruck“ erzeugen und gleichzeitig die Digitalisierung neue Möglichkeiten zur integrierten und ständig aktuellen End2End-Verbesserung schaffen.
Es scheint, als ob die Zeit reif ist für die Verknüpfung von digitalen Zwillingen der Hersteller und Händler bis hin in die Filialen, um darauf basierend speziell die Transportkosten zu optimieren und gleichzeitig den Filialservice zu erhöhen. Möglich machen es die immer bessere Daten, die Qualität und Verfügbarkeit von Optimierungstools und häufig auch die Reduktion der komplexen Materie auf pragmatische Bausteine, die „normale Menschen“ dann sinnvoll operativ nutzen können.
Grundmodell
Das Grundmodell hierzu sieht wie folgt aus und besteht aus der „Datenseite“, dem Optimierungskalkül und der „Ausführungsseite“:
Bausteine zur Optimierung der Inboundlogistik
Zur Optimierung der Inboundlogistik werden die folgenden Bausteine benötigt:
Im Zusammenspiel dieser Bausteine lässt sich heutzutage eine effiziente, laufende Optimierung erreichen, die vor allem auch mit Fokus Inboundlogistik die erreichbaren Vorteile erhöht.
User Interface
Für die taktischen, mittelfristigen Entscheidungen zur Lieferanten- und Lieferkettenwahl sowie Transportorganisation werden aggregierte Zukunftsdaten genutzt, die mit Hilfe detaillierter historischer Daten für die Optimierung verfeinert werden können. Und für die operativen Entscheidungen sind „real-time“ Daten erforderlich, die agile Anpassungen für jede Lieferung bzw. Bestellung ermöglichen.
Das Optimierungskalkül hat als Kern ein E2E-Modell der Transport-, Lieferketten- Prozessoptionen und Einkaufskonditionen sowie eine „Optimierungs-Engine“, die eine simultane Entscheidung über das beste Bestellverhalten, den besten Weg sowie Transport einzelner Lieferungen ermöglicht. Neu ist hier insbesondere auch der immer stärkere Fokus auf die Transporte der Inboundseite, die auch in Kombination mit der Auslieferung durchgeführt werden können.
Entscheidend ist in jedem Fall, dass der Nutzende auf der Ausführungsseite möglichst wenig von der Komplexität der dahinterliegenden Optionen und Optimierungen mitbekommt, um sich auf die ständige, pragmatische Verbesserung der Entscheidungen und deren Umsetzung zu konzentrieren. Umso besser die „Use-Cases“ definiert und auf die essenziellen Parameter reduziert sind, umso direkter ist häufig der Nutzen, da sie umso besser angewendet werden. Idealerweise hat der Anwendende eine App, die genau zugeschnitten ist auf den einzelnen Anwendungsfall. Die Möglichkeit, das User-Interface einfacher und zielgerichteter zu gestalten, ist eine der Innovationen, die neuen Schwung in die Supply-Chain-Optimierung bringt.
Fazit
Weitere Treiber der Entwicklung sind die verbesserten Möglichkeiten der „Optimierungs-Engines“ und die im Rahmen der allgemeinen Digitalisierung immer besser werdende Datenverfügbarkeit und Qualität. Die Integration und Anbindung an die Unternehmensdaten bzw. -systeme ist häufig ein großer Anteil der gesamten Projektaufwände. Der andere wesentliche Faktor für Aufwand und Erfolg ist die intensive Vorbereitung und Konsolidierung der Anwendungsfälle und -kalküle, so dass ohne Qualitätsverlust sehr praktische und tatsächlich optimale Entscheidungen getroffen, direkt umgesetzt und ihre Ausführung kontrolliert werden können. Welche Bedarfe dann in einer Lieferung sind und von welchem Lieferanten über welche Stufen, mit welchen Transporteuren sie so eintreffen, dass ein kostenoptimaler Filiallieferservice erreicht wird, ist dann kein Zufallsprodukt mehr, sondern eine planvolle kontinuierliche Routine.
„Eigentlich wollten wir doch nur die Transportkosten optimieren“, werden Sie vielleicht denken, und es erscheint Ihnen ein durchgehender, datengetriebener Gesamtprozess zunächst aufwändig. Aber die einfachen, schnellen Potenziale haben Sie sicherlich bereits gehoben. Jetzt winken noch nachhaltige Wettbewerbsvorteile, wenn man seine Transporte und die Supply-Chain-Struktur digital durchdringt und es gelingt, die integrierte Steuerung im Alltag zu meistern.
Die gute Nachricht ist: die Möglichkeiten hierzu sind da und lassen sich durch einen strukturierten Ansatz schrittweise gut erreichen.
Ein Artikel zum Thema wurde auch veröffentlicht in der Lebensmittel Zeitung. Download unter folgendem Link: Lebensmittel Zeitung 11/2024.
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